Berlin – CDU und CSU drängen auf ein Ende des Gesetzgebungsverfahrens zur kontrollierten Freigabe von Cannabis als Genussmittel. Einen entsprechenden Antrag hat die gemeinsame Bundestagsfraktion nun vorgelegt.
Von den Verbänden der Kinder- und Jugendmedizin bis zur Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) hält die Union in ihrem Antrag der Bundesregierung die Kritiker ihrer Gesetzesinitiative vor. „Der Entwurf des Cannabisgesetzes, der am 16. August 2023 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, ist unverantwortlich und führt in die falsche Richtung“, heißt es darin.
Während das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) an dem Gesetz arbeitet, warne es zeitgleich vor den Gefahren des Konsums. Dabei solle der Bereich „Aufklärungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs“ im Haushalt des parallel dazu um vier Millionen Euro gekürzt werden.
Als Beleg für zu erwartende negative Auswirkungen verweist die Unionsfraktion auf die Metastudie des Instituts für interdisziplinäre Suchtforschung (ISD), die das BMG selbst in Auftrag gegeben hatte. Sie komme zu dem Schluss, dass der Freizeitkonsum von Cannabis anstieg, wenn dieser zu Genusszwecken freigegeben wurde und damit eine höhere Verfügbarkeit vorlag.
Die Studie war jedoch auch zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser Anstieg verhältnismäßig gering sei und ihm positive Legalisierungseffekte wie besserer Konsumentenschutz und geringere Hemmschwellen für die Inanspruchnahme von Hilfsangeboten gegenüberstehen würden.
Nach Feststellungen des Internationen Suchtstoffkontrollrates der Vereinten Nationen hätten aber auch internationale Erfahrungen bezogen auf den Kinder- und Jugendschutz gezeigt, dass eine Legalisierung gerade bei jungen Menschen zu erhöhtem Konsum, zu mehr gesundheitlichen Schäden und zu einer verminderten Risikowahrnehmung führe.
In einer gemeinsamen Stellungnahme hätten führende Verbände der Kinder- und Jugendmedizin sich mit Blick auf die Gefahren insbesondere für junge Menschen gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung ausgesprochen. Darunter befinden sich auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen.
Eine Entlastung der Justiz oder ein Zurückdrängen des Schwarzmarktes werde mit dem Gesetz ebenfalls nicht erreicht werden, betont die Union und verweist auf eine Stellungnahme des Deutschen Richterbunds, der sogar mit einer gegenteiligen Entwicklung rechne. Ein Grund sei, dass die Registrierung in einem Anbauverein Konsumenten abschrecken werde, so dass sie auf den günstigeren und anonymen Schwarzmarkt ausweichen würden.
Zudem werde das Gesetz zu einem immensen Vollzugs- und Überwachungsaufwand führen und viele der Vorgaben – beispielsweise zum privaten Eigenanbau oder zur Einhaltung von Konsumverbotszonen – dürften demnach kaum kontrollierbar sein. Hier verweist die Union auf die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), die davon ausgeht, dass die Polizei aufgrund der unübersichtlichen Regelungen erheblich mehr Personal benötigen würden.
Und schließlich argumentieren CDU und CSU mit dem Klimaschutz: Die legale Hanfzucht sei sehr energieintensiv und „damit auch klimapolitisch nicht nachzuvollziehen“. Die Fraktion verweist dabei auf einen Artikel in Toxichem Krimtech, dem Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh).
Darin wird wiederum eine Studie der Colorado State University zitiert, wonach eine Cannabiszucht im US-Energiemix je Kilogramm Cannabisblüten zwischen 2,3 und 5,2 Tonnen CO2 verursache, was im Schnitt etwa der Hälfte der jährlichen CO2-Emission einer Person in Deutschland entspreche.
Die Bundesregierung solle deshalb gemäß des Antrags darauf verzichten, die Cannabislegalisierung weiter zu verfolgen, und stattdessen eine geeignete Institution wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit einer Präventionskampagne beauftragen, die einen breiten Querschnitt der Bevölkerung erreicht und auf die Risiken beim Konsum von Cannabis aufmerksam macht.
Gemeinsam mit den führenden Verbänden der Kinder- und Jugendmedizin und Kinder- und Jugendpsychiatrie solle sie weiterhin eine Strategie erarbeiten, die im speziellen die Risiken für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene beim Konsum von Cannabis und die Folgen für deren Gesundheit in den Blick nimmt.
Außerdem sollen die geplanten Kürzungen im Bundeshaushalt an den Maßnahmen und Programmen für Aufklärung und Prävention im Bereich Sucht und Drogen wieder zurückgenommen werden. Dass der Antrag vom Bundestag angenommen wird, ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse sehr unwahrscheinlich. © lau/aerzteblatt.de
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